Hohes Gerücht, wenn somit die Beweisaufnahme abgeschlossen ist und die Anklagevertretung dem nichts mehr hinzu zu fügen hat, komme ich nun zum Schlussplädoyer der Verteidigung.
Vorausschicken möchte ich noch, dass es erschreckend ist, welche halbgaren Wissensstände über Lizenzen zu freier Software (hier: GPLv3) und deren Bestimmungen vorherrschen. Und dies insbesondere von Vertretern, die nach eigener Bekundung täglich mit freier Software zu tun haben! Offensichtlich haben sie den Sinn & Zweck der freien Softwarelizenzen nicht vollständig verstanden. Als Lektüre im Vorfeld empfiehlt sich ein Eintrag in Wikipedia, der die Bestimmungen der GPLv3 Lizenzen hinlänglich beschreibt:
http://de.wikipedia.org/wiki/GNU_General_Public_License
Zu beachten sind hier insbesondere der Abschnitt "Nutzung" und die Anmerkungen zu "Copyleft".
Copyleft ist im Grunde das Versprechen eines Programmierers/Autors/Lizenzgebers an den Endbenutzer:
"Du darfst jederzeit den zur freien Verfügung stehenden Code nutzen, kopieren, verändern und verteilen, solange Du die Änderungen publizierst und somit öffentlich zugänglich machst".
Dabei spielt es für die Wirksamkeit der GPLv3 keinerlei Rolle, ob die daraus resultierende Software zu privaten, gesellschaftlichen oder kommerziellen Zwecken genutzt oder verteilt wird. Die GPL-konforme Distribution setzt lediglich voraus, dass etwaige Änderungen am Quellcode offen gelegt werden müssen. Private Nutzung und Vertreibung im kleinen Umfang sind hierbei ausdrücklich ausgenommen.
Zitat:
"Unter GPL lizenzierte Software darf für alle Zwecke ausgeführt werden (auch kommerzielle Zwecke, und GPL-lizenzierte Compiler und Editoren dürfen sogar als Werkzeuge für die Erstellung von proprietärer Software genutzt werden);[3] sie darf bei rein privater (oder interner) Verwendung – ohne Vertrieb, ohne Weitergabe – modifiziert werden, ohne dass der Quellcode offengelegt werden muss (nur bei Vertrieb oder Weitergabe müssen der Quellcode und etwaige Code-Änderungen den Endnutzern zugänglich gemacht werden – dann kommt nämlich Copyleft zur Anwendung, um sicherzustellen, dass die Endnutzer-Freiheiten erhalten bleiben)."
Dem Endbenutzer werden somit im vorliegenden Fall effektiv keinerlei Freiheitsrechte beschnitten!
Zunächst aber ein kleiner Rückblick auf die Ereignisse:
Olli Meister (mutmaßlich Geschädigter, zugleich Vertreter der Anklage) plant, den von Bill Nesbitt (im weiteren "Urheber" genannt) unter GPLv3 zur freien Verfügung gestellten Code für autonome Flugobjekte für seine eigenen Zwecke neu zu kompilieren.
Dazu möchte er jedoch die empfohlene Software, die das "AutoQuad" Projekt seit Jahren im Einklang mit den proprietären Lizenzen des Herstellers Rowley (hier: Crossworks for ARM) verwendet, aus genannten Gründen nicht nutzen. Stattdessen möchte er einen Compiler, zusammengesetzt aus frei verfügbaren Codebestandteilen zur Verwendung bringen. Hierbei stieß er nach eigenem Bekunden auf für ihn unüberbrückbare Schwierigkeiten.
Zunächst beklagte er das angeblich unkooperative Verhalten des AutoQuad Teams. Als diese Behauptung eindeutig widerlegt wurde (mit Eingeständnis des Klägers, s.o.) verstieg er sich in der Behauptung, dass die Benutzung einer proprietären Software zur Kompilierung des unter GPL vetriebenen Codes eine Verletzung der Lizenzbestimmungen darstelle. Unterstützt wurde er in dieser Auffassung von einem gewissen OlliW (Aussagen liegen dem Gericht schriftlich vor), der behauptete, dass kompilierter Code, der in Form von .hex und .bin Dateien verteilt wird und proprietäre Bestandteile enthält, ein Verstoß gegen die Bestimmungen der GPLv3 sei. Dies steht eindeutig im Gegensatz zu geltender Rechtsprechung und insbesondere der GPL Lizenz selbst. In diesem Zusammenhang sei auf den Eintrag in Wikipedia verwiesen, der Ausnahmeregelungen beschreibt:
http://de.wikipedia.org/wiki/GPL_linking_exception
Zitat:
"So wird ähnlich der GNU Lesser General Public License das Linken einer Programmbibliothek, die unter solchen Bedingungen lizenziert ist, mit einem Programm ermöglicht, das unter einer abweichenden Lizenz stehen kann. Das resultierende Programm darf unter einer Lizenz freier Wahl verbreitet werden und man ist nicht an die Bestimmungen der GPL gebunden. Lediglich die Programmbibliothek selbst steht weiterhin unter der GPL. Veränderte Versionen der Bibliothek müssen folglich unter der GPL verbreitet werden."
Bill Nesbitt als Urheber des in Frage stehenden Codes kann lückenlos nachweisen und durch das Vorhandensein öffentlicher Repositorien und sog. Changelogs belegen, dass er diesen Bedingungen seit Anwendung der GPLv3 auf den Basiscode zweifelsfrei nachgekommen ist.
Nachdem nun der verbreitete Unfug bzgl. mangelnder Kooperationsbereitschaft sowie vermeintlich verletzter Bestimmungen wg. des Kompilierungswerkzeugs für die Anklagevertreter an Substanz und Vorwurfskraft eingebüßt hat, sieht sich der Urheber nun neuen Vorwürfen ausgesetzt: angeblich verstoße der kommerzielle Vertrieb eines Regelalgorythmus, der als sog. "Add-on" des Quellcodes (hier: Quatos) gegen Bezahlung einer Lizenzgebühr angeboten wird, ebenfalls gegen die Bestimmungen der GPLv3.
Hierbei sei erneut auf o.g. Quellen verwiesen, die eindeutig belegen, dass jeder (ich betone noch einmal: JEDER) berechtigt ist, den Quellcode zu verändern und mit eigenem, geschlossenem Quellcode zu erweitern, solange die Veränderungen im Basiscode regelkonform publiziert werden.
Wie oben bereits ausgeführt obliegt es dem Programmierer, die Form der Lizenz für das sog. "Add-on" selbst zu bestimmen und ggf. eine Lizenzgebühr zu verlangen. Die Bestimmungen der GPLv3 bleiben davon unberührt.
Auch lässt sich aus den GPL Bestimmungen nicht ableiten, dass ein Anspruch des Endbenutzers auf Zurverfügungstellung eines Kompilierungswerkzeug auf Basis von freien Codeteilen zusteht.
Ich bitte somit das hohe Gerücht, die haltlos vorgebrachte Klage abzuweisen und das Vefahren auf Kosten des Anklagevertreters zu schließen.
Desweiteren beantragen wir, den Klagevertreter auf zukünftige Unterlassung haltloser Vorwürfe in der Öffentlichkeit hinzuweisen. Die jüngsten Einlassungen des Klägers - auch in anderem Zusammenhang - lassen vermuten, dass hier unter Vorspiegelung vermeintlicher Kooperationsbereitschaft dem Ärger über eigene Unzulänglichkeiten Luft gemacht wurde und der eigentliche Zweck der Anschuldigungen in der Diskreditierung des nativen Urhebers und des von ihm geleiteten Projekts liegt.
Noch ein letzter Hinweis in eigener Sache: Als Sprecher des "AutoQuad" Teams sind für mich solche Vorgänge nur schwer hinnehmbar und eine Zusammenarbeit (die vom Kläger nach eigener Aussage ohnehin nicht beabsichtigt war) nur schwer vorstellbar.
Mit freundlichen Grüßen...